SC Heilsbronn 1 - SGem 1882 Fürth 2 3,5 : 4,5

Der Auswärtskampf gegen die nominell deutlich besseren Heilsbronner schien ein aussichtloses Unternehmen zu werden. Wir mussten dieses Mal sogar auf vier Stammspieler verzichten. Die scheinbar ersatzgeschwächte Fürther Mannschaft gab wie bereits in allen Vorrunden ihr Bestes und gewann, für alle Beteiligten sehr überraschend, den Wettkampf. Das knappe Endergebnis hätte durchaus auch gegenteilig ausfallen können, aber jeder möge sich hierzu seine eigene Meinung bilden. Der Gegner verhielt sich jedenfalls sehr fair und gratulierte uns am Ende zum nicht erwarteten Punktegewinn.

Einen der beiden vollen Punkte holte frühzeitig Seymen an Brett 7 gegen den von seiner flotten Spielweise offenbar beeindruckten Gegner:

Brett 7        Pazarci, S. – Essig, G.        1 : 0

Der Anziehende verdeutlichte mit der langen Rochade und dem Vormarsch der Königsflügelbauern seine Gewinnabsichten von Anbeginn an deutlich. Schwarz fand dagegen keine wirksame Verteidigung und verschlechterte seine Stellung Zug um Zug. In dieser Position (nach 14. … Df4+)


wollte er mit dem Damentausch dem Angriff die Spitze nehmen, geriet jedoch nach 15. Ld2! Dxg4 16. fxg4 Sh8? 17. f4 Sd7 18. g5 Tae8 19. Lc4 d5 20. Lb5 Te7 21. Tde1 Td8 22. f5 noch schlimmer in die Bredouille.


In der Stellung nach 22. f5 (mit ca. +2.90) ist nun der Bauerngewinn für Weiß nicht zu verhindern. Seymen verzichtete aber nach 22. … e5 mit 23. Txe5!? Txe5 24. Txe5 Sxe5 25. Lf4 c6 26 Le2 Te8 27. Kd2 Sc4+ 28. Lxc4 dxc4 29. Le3 b5 und verdarb mit 30. g6! dem wenig beneidenswerten Springer auf h8 endgültig die Chance auf weiteres Spiel (Stellung nach 30. g6).


Das frustrierte Ross opferte sich zwar später noch gegen den Bauern g6, was den Partieerfolg aber nicht mehr in Frage stellen konnte.
Insgesamt erreichte der Nachziehende zu keinem Zeitpunkt Ausgleich, geschweige denn mehr. Der Punktgewinn ist völlig leistungsgerecht.

Betrachten wir im Folgenden gleich unseren zweiten Partieerfolg:

Brett 3:         Vu, D. – Horneber, T.          1 : 0

Eigentlich hatte sich zunächst Schwarz über längere Zeit eine vielversprechende Stellung aufgebaut. Dafür spricht zumindest die Bewertung von -0,50 vor dem entscheidenden 25. … Kg7?

Die Diagrammstellung wird mit  +1,50 bewertet.
Der fatale Königszug eröffnete Opfermotive auf e6. Die taktischen Möglichkeiten führten zu einem spannenden Partieende:
Bereits hier ergibt 26. Sxe6! den „turn around“.
Man sehe bspw.: 26. Sxe6+! fxe6 27. Txe6! Lxe6 28. Txe6 Lf6 29. Se5! und der Dameneinschlag auf g6 ist nicht mehr zu verhindern. Weiß gewinnt sein Material zurück:
29. … Lxe5 30. Dxg6+ Kf8 31. Df5+ Kg8 32. dxe5 Txe6 33. Dxe6+ usw.
Mit zwei Mehrbauern und besser stehendem König erreicht Weiß eine Gewinnstellung.

Stattdessen zog Weiß aber 26. g4?

und Schwarz könnte mit 26. … Db7! seinerseits eine Gewinnstellung herstellen (Bewertung -2,5). Die Fesselung gegen die Dame auf b6 besteht nicht mehr und nun sollte Schwarz gewinnen.
Daniels Gegner zog aber 26. … Th8? und Daniel entschloss sich letztendlich - in gravierender Zeitnot - zu 27. Sxe6+!.
Nach der Partiefortsetzung 27. … Lxe6 28. Txe6 hxg4?? wäre das oben erwähnte 29. Se5! jetzt wiederum möglich gewesen als ein entscheidender Gewinnzug (ca. +4,5)

Weiß behielt stattdessen mit 29. Txe7 gxf3 30. De4 Tcf8 31. Dxf3 Txh4 32. T1e6 immer noch die bessere Stellung. (ca. +1,2).


Schwarz beging jetzt einen gravierenden Fehler und ließ sich zu 32. … Dxb2?? (+7,0) verleiten. Nach 33. Df6+ Kg8 34. Dxh4 musste er aufgeben, da sich das Schlagen auf e6 wegen Matt verbietet.
Einmal mehr ist es Daniel gelungen, einen deutlich DWZ-stärkeren Gegner mit taktischen Komplikationen aus dem Konzept zu bringen.
Der volle Punkt hätte jedoch auf beiden Seiten landen können.


Brett 2:        Schiefer, P.  –  Hasgulec, E.      1 : 0

Schwarz stand längere Zeit geringfügig besser, so z.B. nach 27. Dg4 (ca. -0,50).


Es kam in der Partiefortsetzung zu 27. … Txc5 28. bxc5 mit Öffnung der b-Linie, was Weiß wieder besser ins Spiel brachte. Die weiteren Angriffsbemühungen des Nachziehenden konnte Weiß abwehren und behielt einen bleibenden Positionsvorteil.
Die Fortsetzung 27. … De6! hält stattdessen am schwarzen Übergewicht fest. Die Option Da2 sorgt für zusätzliche Gefahr.
Z.B. gewinnt nun 28. exf4 e3!  29. f3 Da2 30. Tf1 e2 31. Te1 Dd2
oder 28. Te1 fxe3 29. Txe3 (erzwungen) Lf4 30. Te2 e3 mit schwarzem Stellungsvorteil.
In der Partiefortsetzung 27. … Txc5 28. bxc5 fxe3 29. fxe3 Df7? 30. Dxg5+ Kh8 31. Dh4 opferte der Nachziehende zwar einen Bauern, konnte damit seinem Angriff aber keinen neuen Schwung erteilen. Letztendlich erwies sich die offene b-Linie mit rückständigem Bauern b7 als partieentscheidend.

Brett 4:        Münster, E. – Amberg, D.     0,5 : 0,5

Ein überraschendes, aber eher schmeichelhaftes Remis steuerte Deniz bei. Mehrere Male ließ sein Gegner (DWZ-Plus von ca. 500) den möglichen Sieg aus und willigte, kaum nachvollziehbar, am Ende sogar in Gewinnstellung in das Unentschieden ein.
Der Reigen begann mit dem unverständlichen 19. De2- Df2?.


Stattdessen erreicht Weiß mit 19. Se6! deutlichen Stellungsvorteil und sollte damit auch die Partie gewinnen.
Z.B. 19. Se6 fxe6 20. fxe6 Kh8 21. exd7 Lxd7 22. Sxf6 gxf6 23. Dh5
Die Partiefortsetzung:
Schwarz nutzte den überraschenden weißen Fehlgriff nicht mit 19. … Sxg4 (ca. -4,00), sondern zog 19. … Sc5?
und es ging folgendermaßen weiter:
20. Sxf6 gxf6 21. Sxh7! Kxh7 22. Df3 Sxb3 23. Dh5+ Kg7


Das naheliegende 24. Tf3 gefolgt von Tg3+ gewinnt jetzt die Partie.
Z.B. 24. … Tg8 25. Tg3+ Kf8 26. Dh6+ Ke7 27. Dxf6+ Kd7 28. Dxf7+
Der Anziehende war davon aber nicht überzeugt, sondern gab Dauerschach mit 24. Dg4+ Kh7 25. Dh5+ Kg7 usw.
Auch 24. Dg4+ Kh6 25. Tf3 Tg8 26. Lxf6 Txg4 26. Th3+ hätte die Partie gewonnen.


Brett 5:        Dragomir, A. – Lunz, D.        0,5 : 0,5

Andrei hatte es ebenfalls mit einem nominell deutlich überlegenen Gegner zu tun (+400 DWZ). Er setzte ihn mit den weißen Steinen von Anfang an stark unter Druck und verpasste in Zug 11 leider den entscheidenden Gewinnzug.
Nach 1. d4 d5 2. e4!? dxe4 3. Sc3 e6 4. f3 c5 5. d5 exd5 6. Dxd5 exf3 7. Lb5+ Sd7 8. Lg5 Sgf6? 9. Lxf6 Dxf6 10. 0-0-0 De6 war die folgende Stellung (mit ca. +3,8) entstanden:


Nun ist 11. Sxf3 Dxd5 12. Sxd5 mit etlichen weißen Drohungen die richtige Fortsetzung: z.B. 12. … Ld6 13. The1+ Kf8 14. Sc3 Lf4+ 15. Kb1 und die weißen Türme setzen sich durch. Nach 12. … Ld6 13. The1+ Kd8 ist 14. Sg5 gewinnbringend.
Man sollte hier besser der allgemeinen Regel folgen: „Lass den Gegner Figuren abtauschen, statt selbst zu schlagen“.
In der Partie kam es zum Damentausch mittels 11. Dxe6+ fxe6. Danach ist die gefährliche e-Linie zumindest vorübergehend geschlossen und Schwarz kann wieder etwas aufatmen (+1,1).  Der verbliebene weiße Stellungsvorteil verflachte allmählich und am Ende gelang Schwarz das (glückliche) Remis mit Hilfe eines Dauerschachs.


Brett 6:        Roeschinger, U. – Schubert, P.        0,5 : 0,5


Nach dem fehlerhaften 5. Sxe5? Dd4 6. Sf3 Dxe4+ hatte Schwarz bereits Ausgleich mit geringfügigem Stellungsvorteil. Dieser sollte bis zum Ende der Partie in Zug 40 bestehen bleiben. Nach der Zeitkontrolle einigte man sich auf ein (gerechtes) Unentschieden.


Brett 1:        Dr. Zühlke, B. – Planner, J.        0,5 : 0,5

Nach den Zügen 1. d4 d5 2. c4 dxc4 3. e4 b5!? 4. a4 c6 wäre 5. Sc3!? eine in Mode gekommene, scharfe Fortsetzung. Weiß blieb aber bei dem bekannten Muster und es kam nach 5. b3 e5 6. axb5 cxb5 7. d5? (Lb2!) Sf6 8. Dc2 zu folgender Diagrammstellung mit schwarzem Stellungsvorteil (ca. -1,00)


Nun wäre 8. … Sa6 die beste Fortsetzung; Schwarz hat bereits zwei aktive Springer im Spiel mit guten Aussichten.

In der Partie folgte stattdessen 8. … Lc5 9. bxc4 b4 10. Ld3 Db6 11. Sf3 Sg4!? 12. 0-0 Sd7 13. h3 h5!?


Eigentlich hatte ich mit dem Figurenopfer 13. … Sxf2 gerechnet, wonach die Stellung als „dynamisch ausgeglichen“ (ca. +0.5) bewertet wird.
Schwarz spielte das aggressive 13. … h5!? und bot mir damit gleichzeitig Remis an. Nach einiger Überlegung wurde mir klar, dass man das Figurenopfer auf g4 keinesfalls annehmen darf:
z.B. 14. hxg4 hxg4 15. Sg5 Dh6 16. Sh3 Dg6 17. Sg5 Dh5 oder
       14. hxg4 hxg4 15. Sh2 g3 16. Sg4 gxf2+ 17. Sxf2 Df6
… und nahm das Remis an. Der Wettkampf rückte damit dem erhofften 4:4 ein Stück näher. Dass es damit zum glücklichen 4,5:3,5 – Sieg reichen sollte, konnte man zu dem Zeitpunkt nicht ahnen. Das Gegenteil wäre auch möglich gewesen.

Brett 8:        Gerstlacher, J. – Nikolaiev, M.        0,5: 0,5

Mykytas Gegner kam mit der unkonventionellen Spielweise seines jugendlichen Kontrahenten nie gut zurecht. Immer wieder wurden von Weiß beste Gewinnchancen ausgelassen. In der Schlussstellung nach Zug 84(!), wiederum einer Gewinnstellung (s.u.), gab er entnervt alle Versuche auf und willigte (widerwillig) in das Remis ein. Dies bedeutete aber den Gesamtsieg der Fürther.
Hier zunächst ein sprechendes Beispiel aus dem Partieverlauf. Zu der Diagrammstellung kam es nach 39. … Ke5.


Mit 40. b5! könnte Weiß nun die Überlastung des schwarzen Turmes aufzeigen, welcher den Vormarsch der beiden Bauern nicht gleichzeitig stoppen kann. Nach 40. … Tb6 41. d6! Txd6 42. Txd6 Kxd6 43. Ke5 ist das Bauernendspiel für Weiß gewonnen.


In der Partie gelang es zwar Schwarz einen der beiden Bauern zurückzugewinnen, die Stellung blieb dennoch stets gewonnen für Weiß. So erreichte man nach 40 (!) weiteren Zügen das folgende Dame-Bauer-Endspiel. Diagramm nach 83. … Kb1 84. Db8+


Offenbar kannte der Gegner das nun gewinnbringende Motiv der Königsannäherung nicht und gab Remis.

Siehe mögliche Gewinnführung im nächsten Diagramm:
z.B. 84. … Kc2 85. Dh2+ Kc1 85. Dg1+ Kb2 86. Kc4! a1D 88. Df2+ Kb1 89. Kb3! mit Gewinn (Diagramm).
Auch nach 88. Df2+ Ka3 89. De3+ Kb2 90. Kd2+ Kb1 91. Kb3! ist die nebenstehende Gewinnstellung erreicht.




Fazit:   
An den Brettern 4 und 8 verzeichneten wir also jeweils den ziemlich glücklichen Gewinn eines halben Punktes. An Brett 5 steht dem ein ausgelassener halber Punkt entgegen. Im Fazit wäre das 4:4 wohl eher leistungsgerecht und dem Wettkampf angemessen. „Jo mei“ sagt der Bayer, das kommt halt im Schach vor und es geht, wie auch im Leben, nicht immer gerecht zu. Auch eine knappe Niederlage läge im Bereich des Möglichen. Jedenfalls freuten wir uns riesig über den Mannschaftssieg und sollten damit vorzeitig die Abstiegssorgen los zu sein.

Burkhard Zühlke (Mannschaftsführer)

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