SGem 1882 Fürth 2 - SC Noris Tarrasch 5 - SGem 1882 Fürth 2 5 : 3
In die erste Runde der Bezirksliga Saison 2024/25 starteten wir mit gemischten Gefühlen: Weggang bzw. Ausfall von insgesamt vier erfahrenen Stammspielern: Hans, Norbert und Wolfgang bzw. Emre. Zudem suchte uns wieder mal unser „good old friend Uhrenversagen“ heim und sorgte nach ca. einer Stunde für unnötige Unruhe. Um es trotzdem gleich vorweg zu nehmen: Die Bewährungsprobe bestand die neu formierte Mannschaft überraschend gut. Besonders hervorzuheben ist das Abschneiden unserer vier Newcomer Daniel, Philipp, Deniz und Stefan mit drei Punkten aus vier Partien. Keiner von den teils noch unerfahrenen Turnierspielern hat verloren! Die folgenden Berichte beschränken sich jeweils auf 1-2 entscheidende Spielsituationen. Eine ausführliche Partieanalyse ist dennoch zu empfehlen, ggf. an Vereinsabenden im Spiellokal.
Beginnen wir mit den Gewinnpartien. Die kürzeste legte Philipp an Brett 5 vor:
Brett 5: Neumann, Walter – Levitskii, Philipp 0 : 1
Philipp spielte die Eröffnung fehlerlos und hatte nach 24. Kg1
eine solide Stellung mit bereits erkennbaren Vorteilen erreicht: Raumgewinn im Zentrum und die etwas unsichere Königsstellung des weißen Monarchen. Diese sollte nach den Zügen 24. … exf4 25. Lxf4??
schon spielentscheidend sein:
Nach 25. … g5! 26. Lxg5 Txf1 27. Kxf1 Dh1+ wird der weiße König Zug um Zug ans Tageslicht gezerrt (kleine Übung für den Leser) und schließlich mattgesetzt. Stattdessen wäre die Stellung nach dem richtigen 26. Txf4 noch einigermaßen ausgeglichen gewesen.
Der Gegner sah dies und musste sich von seinem Läufer auf f4 folgerichtig verabschieden. Nach weiteren 12 Zügen ging der volle Punkt an uns.
1 : 0
Brett 6: Amberg, Deniz – Meyer, Stefan 1 : 0
In einer Variante der Königsindischen Verteidigung hat sich Weiß bereits zwei Damenflügelbauern einverleibt, dafür jedoch die etwas unangenehme Fesselung seines Läufers auf b6 bei ungedecktem Ta1 in Kauf genommen: Stellung nach 21. a5.
Nach 21. … Tbxb6 gibt die elektronische Analyse den überraschenden und sicher schwer zu sehenden Zug 22. Dxb6! aus. Die Idee besteht darin, die Dame gegen die aktiven schwarzen Türme zu tauschen. Nach 22. … Txb6 23. axb6 Lc8 24. Ta7 Lb7 25. Sc1! hat Weiß die Zeit, seinen Springer nach a5 zu manövrieren und bei Stellungsvorteil das materielle (Figuren-) Gleichgewicht wieder herzustellen. Die falsch stehenden schwarzen Leichtfiguren ermöglichen dies und Weiß steht aktiver (ca.+1,80).
Stattdessen kam axb6 Txa1+ 23. Tf1 Txf1+ Kxf1 und Schwarz hat eine Mehrfigur bei allerdings gefährlichen Bauern auf b6 und b2 (via b4)
Doch versäumte es der Nachziehende in folgender Stellung seinen passiven schwarzen Läufer zum entscheidenden Mattangriff zu bewegen:
33. … Le7!
Steht der Läufer auf h4 (z.B. nach 34. Sxb7 Lh4) ist das Matt nur mit 35. Dd2 zu verteidigen. Von diesem Feld wird sie mittels 35. … Sb3! aber vertrieben: z.B. 36. De2 Dh2 mit schwarzer Gewinnstellung.
Die taktisch schwierige Partie konnte Deniz schließlich für sich entscheiden.
2 : 0
Brett 3: Süß, Helmut – Shlosberg, Mikhail 0 : 1
Schwarz musste sich gegen einen Aufbau im London-System verteidigen. Eine Spielvariante hierbei ist es, die gefährlichste Angriffsfigur, den Ld3, frühzeitig abzutauschen.
Mit 9. Se5?! wählte Weiß nach diesem Abtausch jedoch keine vorteilsversprechende Strategie: Der Springer wurde von e5 wieder vertrieben, was Zeit kostete und den Anzugsvorteil nach Leichtfigurenabtausch (Läufer und Springer) vergab.
Stattdessen sollte Weiß mit 9. De2 das Zusatztempo nutzen, wonach der schwarze Springer auf c7 eher suboptimal steht. Nach erfolgter Rochade kann man den Raumvorteil im Zentrum ausbauen, sowie den weißen Bauernvormarsch e4-e5 mit den Türmen auf e-und d-Linie unterstützen.
In der Folge erwiesen sich die weißen Angriffsversuche als zu schwach. Es spielte jetzt eigentlich nur noch Schwarz am Damenflügel. Man sehe:
Stellung nach 30. … exd5
Hier verlor Weiß offenbar schon die Geduld, wollte sich gegen Da2 nicht mit dem passiven Aufbau Sf1/Dd2 begnügen und zog 31. Sxb3?
Das Springeropfer gegen zwei Bauern erwies sich jedoch als völlig unzureichend.
Es ereignete sich noch ein interessantes Schlussszenario:
Nach 43. b5 konnte Schwarz den Sc6 einfach stehen lassen und mit 43. … c3! 44. Dxc6 Dxc6 45. bxc6 c2 die Partie gewinnen (Leserübung ??)
3 : 0
Brett 2: König, Oliver – Albayrak, Aylin 1 : 0
Schon frühzeitig hatte Schwarz das Rochaderecht eingebüßt und der schwarze König verbarg sich längere Zeit hinter drei Zentralbauern auf der d- und e-Linie.
Nach 23. La3
wurde es zunächst eng für die schwarze Dame:
23. … Da7 24. Dg4 mit Doppelangriff ist genauso unangenehm wie die Partiefortsetzung
23. … Sb4 24. Lxe6+
Nach 24. … Kxe6 25. Dg4+ gewinnt Weiß die Figur nebst mehreren schwarzen Bauern zurück.
Die Nachziehende setzte deswegen mit 24. … Kc7 fort, was nach 25. Lb2! (nebst evtl. Dg4) zu einer unhaltbaren Stellung führen sollte, da Weiß das Bauernzentrum des Gegners auseinandernimmt.
Nach 25. exd4 exd4 26. De1 Sg5! 27. Lg4 witterte die Nachziehende aber plötzlich unverhofft Morgenluf.
Mit 27. … h5! befände sich die Stellung nämlich zumindest ungefähr im Gleichgewicht, da Lxh5 mit Sf3+ beantwortet wird (+0,30)
Schwarz zog jedoch 27. … Lf6? und büßte nach 28. Dd2 Kb8 29. Sxa5! entscheidendes Material ein, was zum Partieverlust führte.
4 : 0
Brett 4: Vu, Daniel – Tokgöz, Furkan 0,5 : 0,5
In dieser Stellung hat Weiß einen gedeckten Frei-/Mehrbauern und steht nach 37. … Sa7 klar auf Gewinn (+ 3.50)
Die weiße Fortsetzung 38. Lxa7? erschwert das Unterfangen unnötig; auch hier gibt es Gewinnvarianten, welche jedoch bedeutend schwieriger zu finden sind (ungleichfarbige Läufer!).
Mit dem besseren 38. Kc3 erhält der weiße König Zugang zum Damenflügel und das weiße Läuferpaar ist übermächtig.
Im Spiel mit den ungleichfarbigen Läufern kam es nach dem Bauerngewinn auf b5 zu folgender Situation: Stellung nach 51. … Ld4
Mit 52. d6+? Kxd6 53. Kb7 Lc3 54. Ld5 La5 55. b6 Kc5 gab es keine realistischen Gewinnchancen mehr für Weiß.
Die richtige Idee der Ablenkung funktioniert aber z.B. nach 52. Le8 Le3 folgendermaßen:
53. b6+ Lxb6 54. d6+!! und Schwarz büßt den Läufer ein oder kommt in ein verlorenes Bauernendspiel.
4,5 : 0,5
Brett 7: Albayrak, Atilla – Buha, Stefan 0,5 : 0,5
Nach einem frühzeitigen Bauernverlust im 17. Zug hatte sich Stefan immer wieder zäh verteidigt.
Mit 59. … Kf8 war folgende Stellung entstanden:
Weiß verpasste hier den Gewinnzug 60. Kf6!
Er musste stattdessen nach 60. e7+? Kxe7 61. Kh6 Kf8 62. Kh7 Lf7 ins Remis einwilligen.
Vermutlich hatte der Anziehende befürchtet, dass er nach 60. Kf6 Lxe6 61.Lxe6 auf dem „Läufer falscher Farbe“ und einer Remisstellung sitzen bleibt. Er übersah aber dabei, dass der schwarze König das Schlüsselfeld g8 nicht betreten kann und der h-Bauer somit durchmarschiert.
Nach 60. Kf6! wäre der Gewinnplan:
Weiß spielt e7 und erzwingt, notfalls mit Umgehung des Königs nach d8, den Abtausch der weißfeldrigen Läufer.
5,0 : 1,0
Brett 1: Himonakis, Michael – Zühlke, Burkhard 1 : 0
Nach 27. c5 war der Zug 27. … Txc5 mit Qualitätsverlust und Bauern(rück-)gewinn noch die beste Fortsetzung.
Eine Stellungsbewertung von +1,40 nach 28. Lxc5 Dxc5+ hieß für mich während der Partie: „durchaus noch spielbar“ und „irgendwie das Läuferpaar aktivieren“. Besonders das Fehlen des schwarzfeldrigen Läufers bei ebensolchen Schwächen im Lager des Anziehenden könnte evtl. genutzt werden.
Der Anziehende musste jedoch „mithelfen“ und tat dies auch:
Da Schwarz zunächst alle Einbruchsfelder längs der e- und c-Linie verteidigt hatte, versuchte es der Gegner „mit der Brechstange“ und wollte meinen Königsflügel mittels f4, f5 auseinandernehmen.
Stellung nach 43. f4?
Nach 43. … Se4 44. Sf3 wäre die Stellung aber im Gleichgewicht (-0,31) gewesen.
44. … Tc2 stellt zunächst die Drohung Txg2+ in den Raum. Weiß reagierte korrekt mit 45. h3.
Mit 45. … Lf6 zwang ich die weiße Dame auf das Randfeld b8.
Nun spielte ich übereilt 46. … Sc3? (was die e-Linie wieder öffnet) und übersah die folgende Mattdrohung:
Stellung nach 46. … Sc3 47. Te8!)
Der Turm auf b1 darf nicht geschlagen werden, da nach 48. Sg5+ Lxg5 49. Th8+ Kg7 50.fxg5 die Mattdrohung auf der Grundreihe nicht mehr zu verteidigen ist.
Der Zug 46. … d4! hätte dagegen die Kontrolle über g5 behalten, die e-Linie weiterhin geschlossen und Drohungen, wie z.B. Lxf3/d3, in den Raum gestellt (Stellungsplus von -1,00).
Nach erheblichem Zeitverlust (Schwarz spielte nur noch mit dem Inkrement) musste ich später in ein Turmendspiel abwickeln, welches einer eigenen Analyse bedarf und schließlich dem Gegner den erhofften Punkt einbrachte.
5,0 : 2,0
Brett 8: Dietrich, Christina – Thoma, Dirk 0 : 1
Die völlig ausgeglichene Stellung (Stellung nach 14. … Tfd8)
bliebe z. B. nach 15. h3 Lh5 16. Lxf6 Dxf6 weiterhin im Gleichgewicht.
Die Partiefortsetzung 15. Sd2? ermöglichte Schwarz eigentlich die taktische Fortsetzung 15. … Sb4! mit deutlichem Stellungsplus.
Schwarz spielte jedoch 15. … Le6, verhinderte mittels g5 den Abtausch seines wichtigen Springers auf f6 und erhielt nach d5 ein deutliches Übergewicht im Zentrum.
Stellung nach 19. … Txd5
Die Abwicklung 20. Dc2? Sd4 21. Dd3 Lf5 führte schnell zum Zusammenbruch der weißen Stellung.
5,0 : 3,0
Fazit:
Ein wichtiger Auftaktsieg, der Mut für die zukünftigen (evtl. stärkeren) Gegner macht.
Burkhard Zühlke (Mannschaftsführer)