VM 2019 Jugend Bericht 3

Am 3. Spieltag der Jugend VM waren 9 Kids auf Grund ihrer Teilnahme an der deutschen Schulschachmeisterschaft nicht im Verein und so sind diesmal andere Protagonisten im Blickfeld.

Dennis R. - Narek 1-0

Narek versuchte in der Paulsen-Variante der sizilianischen Eröffnung seine Figuren in Stellung zu bringen und bei passender Gelegenheit den Angriff einzuleiten. Durch 6.a3?! verhindert Dennis R. die Fesselung des c3-Springers. Dieser Zug wird in der Enzyklopädie der Schacheröffnungen nicht erwähnt, wird aber von der Engine Stockfish als zweitbester Zug nach 6.Df3 angesehen. Stellung nach 11...Sf6-d5



Eine typische Stellung, in der Weiß nun mit 12.Se4! fortsetzen sollte, da 12..Dxe5 nicht wirlich spielbar ist, wegen 13.Sg5 Dc7 14.Lxh7 Kh8 15.Dh5. Daher hätte Schwarz 12...f5 spielen müssen, was nach 13.exf6 e.p. einen schwachen e6-Bauer fabriziert.
Dennis R. spielte hier aber 12.Dh5 g6 13.Sxd5?, worauf Narek mit 13...exd5 leicht besser stehen würde, aber Narek nahm mit 13...cxd5 und der Läufer auf c8 und der Turm auf a8 spielen "zunächst" nicht mit. Nach 19...h5 enstand bald darauf folgende Stellung:



Dennis hielt hier den Vorteil mit 20.Lf4 fest (+1,85). Allerdings hätte er hier bereits mit 20.Lg5!! gewinnen können. Nach 20...Dxe5 21.Lf6 Dc7 22.Tg3 ist der Vorteil mit mindestens 6,60 Einheiten, größer als man auf den zweiten Blick sieht. Für Schwarz würde die Rechenmaschine nun 22...Te7 als besten Zug sehen um mögliche Opfer auf g6 mit dem Turm zu verteidigen. Weiter ging es, nach dem Zug 23...e5 konnte Weiß erneut den Sack zumachen:



Dennis R. spielte hier 24.Tg3, konnte aber mit folgender Variante den Sieg schneller einfahren. 24.Dg5!! Te6 (Lxh3 geht nicht wegen Lxg6 und die Mattdrohungen sind nur noch mit dem Damenopfer abzuwehren) 25.Lxg6! Dxf6 und nun 26.Lh7 Doppelabzugschach mit Gewinn!
Hier eine weitere interessante Abwicklung nach 26...exd3 (Diagramm)



Nach 27.gxh5 d2 28.hxg6 Te1 29.Kh2 fxg6 30.Txg6 Kf7 31.Dh7 Ke6 32.f7 Kd5? (besser Df6) gibt Stockfish ein Matt in 11 Zügen an. Eine offensichtliche Gewinn-Idee, die allerdings nicht jeder Amateurspieler finden bzw. spielen würde. Dennis R. spielte den Sicherheitszug 27.cxd3 und gewann 10 Züge später.

Benjamin-Andrei 0,5-0,5

Benjamin spielte im klassischen Zweispringerspiel den Sg5-Angriff worauf sich Andrei zunächst gut verteidigt. Nach 10...Lxc3 versäumte Benjamin einen ersten taktischen Schlag  (Diagramm)



Weiß konnte hier erst einmal auf f6 nehmen. Stockfish bevorzugt die hübschere und bessere Variante mit 11.Dxf6 gxf6 12.Sxf6 Ke7 13.Sxd7 Ld4 14.c3 und Weiß hat 2 Bauern mehr, die allerdings nur mit 1,00 Vorteil bewertet werden. Benjamin spielte hier aber 11.Sxc3?, worauf die Stellung ausgeglichen ist.
Nachdem Andrei die Partie lange Zeit klar dominiert, stellt er eine Figur ein. (Diagramm)



Mit 3 Bauern gegen den Läufer ist die Stellung ausgeglichen. Für Jugendliche sind Endspiele zumeist eine Achterbahnfahrt ohne Anschnallpflicht. Schwarz sollte nun seine Bauern auf weiße Felder stellen, möglichst mit dem König ins Zentrum wandern und versuchen so viele Bauern wie möglich abzutauschen. Andrei stellte den wichtigsten Bauern auf g5 ein und stand dann klar auf Verlust. Nun kam nicht, was kommen sollte, und ein weiteres Kapitel der Endspielgeschichte ergab sich nach 43...e4-e3



Der Zug 44.f3! ergibt laut Stockfish remis. Kxf3 (Auf alle anderenen Königszüge gewinnt Weiß) 45.h5 Kg4 46.Lxf4 Kxf4 47.h6 und beiden Bauern kommen gleichzeitig zum Umwandeln auf die Grundlinie.) Benjamin spielte aber 44.fxe3?? wonach Andrei mit f3 unbehelligt zur Dame läuft. Nun sollte Schwarz gewinnen, aber das schien unendlich schwierig. Ohne den Läufer auf g5 und den Bauern h4 wäre es nach der ACFH-Regel remis. Nach 53.c7 ist die Stellung aber theoretisch verloren. (Diagramm)



Schwarz sollte hier mit 53...Dd5 Schach fortzsetzen und den König nach c8 treiben, um den König als Helferlein
nachrücken zu lassen. Andrei gab aber mit 53...Dh7 den Vorteil ab. Mit 54.Le7 ist die Stellung nun remis.
Weiß spielte aber 54.Kc8??, worauf die Partie sich kurzfristig wieder zu Gunsten von Andrei drehte. Er kann diesen Vorteil (1,97) aber nicht nutzen und gibt Dauerschach.

Lucie-Jan 0-1

Jan spielte am letzten Wochenende ein gut besetztes Schnellschach-Turnier und war bereit, sich der 5 Jahre älteren Lucie zu stellen. Jan spielt noch etwas unkoordiniert. Er zog in 9 Zügen 3x mit dem Läufer bevor er das richitge Feld fand. Lucie führte zu Beginn klar, zog sich aber zu weit zurück. Nach 31...a6 ist Jan mit -11,40 weit von einem Punktgewinn entfernt.



Seine Strategie auf Königsangriff zu spielen scheitert zunächst an der starken Verteidigung von Lucie. Hier könnte Lucie mit 32.g4! einen Turm gewinnen. Stattdessen spielte sie: 32.De2. Wenig später nach dem Houdini-Zug 35.Kh2:



Nach dem Zug 35...Lxf3 konnte Schwarz hier den Ausgleich erzwingen. 36.Txf3 Sxe5!! (nicht 36...Txf3 37.Dxf3 Dxf1?? 38.Df7 und
Schwarz kann das Matt nur noch mit Damenverlust verhindern.) 37.Tgf4 Sxf3 38.Txf3 Taf8! und Schwarz hat alles im Griff.
Lucie lavierte sich hier um die Früchte ihrer Stellung. Nach 42.Dd4-c5 (Diagramm) verpasst Jan das sofortige Ende:



Jan konnte hier auf zwei Arten gewinnen.
1. Mit 42...Sxf3 gewinnt er, nachdem Weiß zurücknimmt mit 43...Txc5 die Dame für nichts.
2. Mit 42...Lxf3 ist laut Stockfish ein Plus von 4,60 erreicht, egal ob die Dame auf d4 oder e3 aus der Fesselung verschwindet.
Jan spielte aber den ineffektiven Abzug 42...Sd7. Nun hängt der eigene Turm den Lucie aber aus unerfindlichen Gründen nicht nimmt.
Stellung nach 45...Se5??



Jan beging hier Harakiri und hat das Glück des Tüchtigen. Nun könnte Lucie mit 46.Tf8 Txf8 und 47.Dxf8 mattsetzen, aber sie spielte 46.Df6 Kg8 Dg5?? Txg5 und die Partie war endgültig verloren. Jan brachte die Mehrdame nach 80 Zügen ins Ziel.

Wolfgang Heimrath

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