In Runde 4 der Reginonalliga-Nordost mussten wir einige Ausfälle verkraften.  Unser Gegner, der SC Postbauer-Heng, verstärkte sich vor der Saison mit Christian Schatz und konnte bis auf Brett 8 in der stärksten Besetzung antreten.

SG 1882 Fürth - SC Postbauer-Heng 4-4

Brett 3:
Fabian
M. spielte Holländisch und musste sich mit dem selten gespielten Zug 2.Dd3 auseinandersetzen. Als nach 13 Zügen die Partie gerade interessant wird, bietet sein Gegner Remis an.
0,5-0,5

Brett 7:
Stefan spielte Französisch und nach 13 Zügen kam es auch hier zu einer kritischen Stellung: Diagramm nach Tf8-e8?



Schwarz hätte besser 13...h6 gespielt, denn so wäre der Angriffszug 14.Seg5 nicht so einfach zu verteidigen. Mit 14...Ld6 könnte man verhindern, dass der 2.Springer ungestraft nach e5 eindringt. Der Reflexzug 14...h6 scheitert an 15.Sxf7 und der Springer kann nicht genommen werden, wegen Matt in 3 Zügen:
15...Kxf7 16.Dxe6 Kf8 17.Se5 und die doppelte Mattdrohung Df7 und Sg6 sind nicht zu parieren.
Auch der Rückzug 14...Tf8 bringt Probleme: 15.Sxe6 fxe6 16.Dxe6 Tf7 (da sonst der Läufer auf e7 fällt) 18.Se5 und nach Dd5 19.Dh3 Lc8 20.Dh4 gibt Stockfish Weiß ein Plus 1,65, da auf Grund der Drohung Lc4! Weiß Material zurückgewinnt. In der Partie geschah 14.Se5, worauf Stefan 2 Figuren auf e4 tauscht und das Remisangebot des Gegners annimmt.
1-1

Brett 2:
Joseph durfte sich gegen den CM Christian Schatz beweisen. Mit dem Maroczy-Aufbau begegnet er dem beschleunigten Fianchetto im Sizilianer. In sicherer Stellung greift Joseph mit f4? zu früh an. Christian verschmäht den Bauergewinn, der nach Lxc3 Dxc3 Lxe4 von Stockfish bevorzugt wird. Nach 21.Le2-g4 hat Schwarz verschiedene Möglichkeiten:



Den größten Vorteil kann Schwarz mit folgender Zugfolge erringen: 21...f5 22.Txe7 Dxd4 23.Txd4 Sc5 24.Lf3 Txb2 und Stockfish errechnet hier 1,62 Einheiten und bequemes Spiel für Schwarz. Es kam aber: 21...Dxd4 22.Txd4 Sf6 23.Ld1 Txb2 und nun bot Schwarz überraschend Remis an.
Mit 24.Lxa4 oder a3 oder Te2 konnte man noch kämpfen. 24.Txe7 verliert laut Stockfish deutlich: 24...Txa2 25.c5 a3 26.c6 Tb2 27.Txb7 Ta8 und Schwarz hat ein Plus von 3,85!
1,5-1,5

3x Remis nach kurzer Spielzeit. Ich scherzte schon mit Joseph, dass Heinz heute auch mitspielen könnte, der ja bekanntlich seine Dienste wieder seiner alten Liebe -den SF Fürth- zur Verfügung gestellt hat.

Brett 4:
Heinrich und sein Gegner spielten eine Eröffnung, die Stockfish nicht definieren konnte. Nach 18.e2-e3 entstand folgende Stellung, in der Schwarz einen sogenannten "Ugly Move" verpasst.



Mit 18...e4! kann Schwarz den Weißen in die Defensive drängen: Nach 19.Sh4 g5 20.Sg2 Df5 sieht die schwarze Flotte bedrohlich aus. Daher würde Stockfish auf 18...e4 Folgendes spielen: 19.Sxe4 Txe4 20.Sg5 Te7 21.Sxh3 Dxh3 22.Lxb7, der schwarze Angriff wäre abgewehrt. Mit 2 Bauern für eine Figur und das Läuferpaar gibt Stockfish hier für Schwarz einen Vorteil von 0,68. Es folgte aber 18...Sd7 und Heinrich war wieder im Spiel. Einige Züge später in einer anderen Galaxis: Stellung nach 33.b5-b6



Schwarz sollte nun 33...Sa4 34.Db4 Sxb6 spielen. In großer Zeitnot versuchte er einen aktiven Zug. Doch 33...g5?? stellt die Partie mehr oder weniger ein. 34.dxc7 Dxc7 35.Sxf5 Lg6 36.Df6 (ist nicht der Partiezug, es kam Sxh6) und selbst die 3 besten schwarzen Züge würden nun einen weiteren Bauern auf d6 oder g5 kosten.  Stellung nach 38...Tg8-f8



Hier kann Heinrich Matt in 5 geben: 39.hxg5 Kh5 40.Lf3 Kh4 41.Td4 Se4 42.Txe4 Lxe4 43.Dh6 matt. Heinrich spielte 39.Dxg5 Kh7 40.h5 Tg8 41.hxg6 Txg6 42.Dh5 Th6 43.Df7 matt, was genau so schnell ging, aber nicht zwingend war.
2,5-1,5

Brett 1:
Ediz hatte nach 2 Zügen bereits 25 Minuten verbraucht. Sein Gegner spielte e4-c5-c4, eine trockene Ablehnung von sizilianischen Haupt- und Nebenvarianten, die oftmals in die englische Eröffnung mündet. Schon bald ging es zur Sache: Diagramm nach 11...Df6-f7



Mit 12.fxg6 Dxg6 13.h3 sollte Weiß leichten Vorteil erhalten. Schwarz könnte dann mit b5 aggressiv oder mit Tf4 positionell weiter spielen.
Den Textzug 12.Sxd6 hatte Ediz mit seinem letzten Damenzug provoziert. Nach 12...Dd7 13.Sxc8 gxf5 14.Lf3 Sb4 15.Taxc8 konnte Schwarz trotz Minusbauer fröhlich in die Zukunft schauen. Nach 32 Zügen gab Weiß eine Figur nach Db7-b5



Ediz konnte hier aber mit 32...Tf8 einen 1,3-Punkte-Vorsprung bekommen. Nach 33.Dxc5 Txf3 34.Txe4 Txe4 35.Txe4 sind die beiden Turmzüge 35...Txf2 oder 35...Tf5 ähnlich zu bewerten. 35...Dxe4 36.gxf3 Dxf3 37.Dd5 würde deutlich weniger bringen. In der Partie geschah: 32...exf3 33.Txe7 Txe7 34.Txe7 Sxe7 35.Dxc5 fxg2 36.Dxe7? gxf1 (D) 37.Kxf1 und die Remisbreite ist leicht zu sehen, wenn man über Stockfishs Schulter blickt. Bald darauf einigte man sich mit einer Zugwiederholung auf Remis.
3-2

Brett 8:
Robert
spielte gegen Nick Merdian, ein Eigengewächs der Talentschmiede des SC Postbauer-Heng, der in diesem Jahr den 3. Platz bei der Mittelfränkischen U14-Meisterschaft belegte. Schwarz wählte die Ragosin-Verteidigung im Damengambit. Im 7. Zug wich Robert von allen Hauptvarianten ab und spielte mit g3 einen Zug, der weder in der Enzyklopädie der Schacheröffnungen noch in Stockfishs vorderster Datenbank zu finden ist. Stellung nach 9...c5xd4



In dieser Stellung sieht man, dass man sich immer nach Alternativen umsehen muss. Robert spielte hier den Homo-Sapiens- (lateinisch: vernünftiger Mensch) Zug 12.Sb5. Stärker ist jedoch 12.Sxd5 exd5 13.cxd5 und der Springer kann wegen Da4 nicht ziehen. Diagramm nach 23.Sc4-b6



Obwohl zwei der drei schwarzen Figuren nicht ziehen können, steht Schwarz laut Stockfish besser. Mit 23...e5 könnte nun der c8-Läufer befreit werden. Aber auch 23...c2 24.Tc1 Ld4 25.Sxa4 oder Sxc8 bringt die gewünschte Entlastung. In beiden Fällen wird der c-Bauer fallen, dafür dürfen wieder alle Figuren mitspielen. Robert versuchte viel, konnte aber die schwarze Stellung nicht knacken. Am Ende ist das Remis sogar als glücklich zu sehen, da die Endstellung mit +1,55 für seinen jungen Kontrahenten zu bewerten ist. 
3,5-2,5

Brett 5:
Ich hatte zunächst wenig Probleme die Eröffnung zu gestalten. Nach einem aktiven Zug von mir, hatte mein Gegner die Wahl zwischen klarem Vorteil und klarem Nachteil. Er entschied sich für Letzteres: Diagramm nach b4-b3



Stockfish gibt hier Weiß mit 22.Sb4! den Vorzug. Den Springer sollte man nicht nehmen: 22...Dxb4 23.Dxa6 Tf8 24.Txc6 (+2,50) Aber auch andere Züge sind nur minimal besser, wie zum Beispiel 22...a5 23.Sxc6 Txc6 24.Txc6 Dxc6 25.Dxb3 Als besten Zug findet Stockfish 22...f6. Mein Gegner spielte aber das von mir erwartete 22.Sc3? und so konnte ich mit 22...Sa5 einen positionellen Vorteil erzielen. 22...Sb4 23.Df1 Sc2 24.Td1 Lf8 wäre sogar noch besser gewesen. Im Anschluss fand mein Gegner nicht die besten Verteidigungszüge und nachdem er die Qualität geben musste, war die Stellung für mich klar gewonnen: Stellung nach 37.Df2xb2



Hier hätte ich mit 37...a4 meinen Vorteil am einfachsten behalten können (+5,86), aber auch 37...exf5 (+3,68) hätte zum Sieg ausgereicht. Mein Zug 37...Ta4 sollte meine Dame Bewegungsfähiger machen und den Turm nach c4 führen. Aber der gemeine Stockfish gibt hier bereits eine Ausgleichsvariante für Weiß an: 38.Lh6 Dc7 39.fxe6 fxe6 40.Db5 Dxc3 41.Kh4 und nun vielleicht 41...g5 Schach und alle 3 möglichen Züge von Weiß sind mit 0,00 bewertet. Weiß zog allerdings 38.Lg5 worauf ich mit 38...Dc7 hätte antworten sollen, meine Zeit war allerdings auch fast am Ende und so zog ich 38...De8?! Wenig später bot Weiß in folgender Stellung remis an.



Die Matt-Drohung Dh6 lässt sich im Gewinnsinne nur mit De8 parieren. Worauf ich wieder mit Da5 gerechnet hatte.
Ich übersah, dass ich dann nach 46...Dc6 47.Dd2 mit 47...Dc1 oder 47...Dc3 oder 47...Dc2 drei Gewinnmöglichkeiten hatte. Nachdem ich mich vor wenigen Zügen schon zweimal fast matt setzen ließ, passte ich mich der friedlichen Weihnachtsstimmung an und nahm das Remis an. Damit sicherte ich den Mannschaftspunkt zum
4-3

Brett 6:
Norbert fand in der Eröffnungsphase nicht zu seinem gewohnten Spiel. Auf beiden Flügeln peitschte er seine Bauern nach vorne, womit sein König langfristig keinen sicheren Rückzugsort hatte. Stellung nach 20...Tf8-e8

 

An dieser Stelle hätte Norbert mit 21.e5!? ein positionell-taktisches Bauernopfer spielen können. Nach 21...dxe5 22.d6 kann Schwarz zwar den starken Läufer auf c4 abtauschen, das Figurenspiel von Weiß wird dadurch aber aktiviert und nach 22...Sxc4 23.Sxc4 Dd8 24.Sfxe5 ist quasi Ausgleich erreicht. Norbert spielte den eher passiven Zug 21.Te2?! und Schwarz hatte sogar Zeit mit 21...Ld7 die Entwicklung zu vollenden. 21...La6 22.Kg2 Da3  wäre allerdings stärker gewesen. Norbert hatte fortan keinen Zugriff auf die Stellung und nach 22.Se1? h5 ging es weiter bergab. Diagramm nach 30...f7-f6



Nun sollte Norbert den Gegner beschäftigen. Mit 31.Tb1 oder dem Räumungsopfer 31.e5!? gibt Stockfish Schwarz nur einen Vorteil von 1,37. Der Partiezug 31.Lb5?? treibt den Turm nach h8, wohin dieser sowieso streben sollte. Danach ist die Partie bereits klar verloren, die Bewertung liegt nun bei -5,40 falls Norbert den besten Zug 32.Tb1 finden würde. Er zog aber 32.Tc2 und die Skala zeigt -7,25, da nach 32...Txh2 33.Kxh2 Lxd2! 34.Txd2? Tb8 die Stellung auseinanderbricht. Schwarz spielte aber 32...Ld4 33.Db1 Da3 und Weiß ergeht es wie dem alten Holzmichl, er lebt noch. Diagramm nach 41...Le3-d4



Mit 42.Tb1 Lc5 43.Dd1 Th4 bestand noch Hoffnung, auch wenn es insgesamt nicht gut aussieht. Norbert spielte 42.Sxd4?? und war nach dem Killerzug  42...Th2! 43.Kxh2 Dxf1 endgültig auf verlorenen Posten. Nach Txb6 verliert er den Springer und sollte dieser mit Schach auf f5 wegziehen, kann er den Springer auf b6 wegen Df2 nicht mehr nehmen. 
4-4

Fazit:
Nach Analyse aller Partien muss man den erzielten Mannschaftspunkt als glücklich betrachten. Zwar hätten wir am Ende mit noch mehr Glück auch 4,5 : 3,5 gewinnen können, aber ... Insgesamt gesehen kam uns der geringe Kampfgeist unserer Gegner zu Gute. Nach 4 Runden sind wir weiterhin ungeschlagen und liegen mit 5-3 Punkten auf Platz 3. Im Januar geht es dann zum Tabellenführer nach Kelheim. Der Absteiger aus der Landesliga Nord hat bislang alle Spiele gewonnen und strebt den direkten Wiederaufstieg an.

Wolfgang Heimrath

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