Kurztrip nach Bayern gebucht!

Was ist der schnellste Weg von Franken raus in die große bayerische Welt!?

Richtig - der 4er Bezirksmannschaftspokal!

So meldeten wir uns, nach einem Jahr Pause, wieder zu diesem netten Wettbewerb an. Leider folgten 2019/20 nur weitere drei Vereine diesem Gedanken, so dass wir Runde eins auch gleichzeitig Halbfinale taufen dürfen. Leicht skurril klingend, bekommt es mit dem SC Uttenreuth (Sieger von 16/17) als Spielpartner, dann gleich wieder würdigen Schachgehalt und so dürfen wir uns nun dem Brettgeschehen widmen.

Am Vortag des 3ten Advents ging es somit dann dank kompliziertem ÖPNV unserer Nachbarstadt mit leichter Verspätung, aber dann immerhin vollzählig Richtung Uttenreuth. Unser Gastgeber wartete -telefonisch vorinformiert- dankenswerterweise mit dem Abflug auf die 64 Felder und wir durften so gleich ohne Zeitverlust mit der erwarteten gegnerischen Aufstellung um Eröffnungsvorteil ringen.

Joseph an Brett eins meisterte diese altgriechische Disziplin von uns am erfolgreichsten und zwang Sebastian Böhme (2105) bereits früh zum Nachdenken. Ediz einen Platz weiter erwischte gegen Markus Böhme (2070) dagegen als Nachziehender den etwas schlechteren Start und schien seine Figurenkoordination leicht vernachlässigen zu wollen. Gut, denn zwischenzeitlich gab es einen Bauern und etwas Aktivität dafür. An drei bei Heinrich (vs Jürgen Meyer (1741)) war zu Beginn noch nicht viel los, wir standen hier leicht gedrückter, aber ohne großartige Sorgenfalten beim Mannschaftsführer hervorzurufen. Eben eine für Heinrich fast schon typische Stellung in der er sich schon einen Weg zum vollen Punkten behält, sobald der gegnerische Druck nachlässt. Fabian an vier wählte gegen Bernhard Abmayr (1762) eine Blitzvariante, als die in der kurzen Vorschau betrachtete Version nicht aufs Brett kommen wollte... Nur um dann nach 9...h6 hier zu landen:

h6 inklusive "Springeropfer" war hier durchaus der Eröffnungsplan, aber dann passten die Züge 7.a3 und vor allem 8.Le3? schlicht nicht in die Reihe und wollten ansich auch nicht gespielt werden. Hier kann man das Ringen bereits als kleinen Punktsieg für den Schwarzen werten, denn wir werden zu 10.Sxf7 TxSf7 11.LxTf7+ KxLf7 (mit gutem Vorteil für den Nachziehenden und wenig Problemen) gezwungen, was nicht im Sinne des Erfinders sein kann!

Die ersten Punkte blieben somit klar in Uttenreuth, und man konnte gar an 2016/17 zurückerinnert werden, als wir bereits in der ersten Runde gegen den späteren Sieger an selbiger Stelle nach zähem Kampf das Nachsehen hatten.

Hatten wir uns gar mit der Aufstellung verzockt oder war das schlicht nicht unser aller Tag - gewarnt vor der soliden Mischung der Gegenüber waren wir ja bereits vor dem Start?!
Abwarten, denn im Schach kommt es oft anders, als es auf den ersten Blick scheint. Dies musste der Schreiberling erst vor kurzem bei einem Kiebitzbesuch bei unserem B2-Nachbarn (Spitzenspiel zwischen Jäkle & den SF) auf härteste Weise erfahren. Eine Ergebnisprognose ist da gerne mal nahe am Unmöglichen und so ähnlich sollte sich dies auch heute gestalten.

Nur blöd, dass diese These als erster Joseph bestätigen wollte. Durfte man sich hier zu Beginn noch berechtigte Hoffnung machen, denn sowohl dieStellung als auch der Zeitvorteil sprachen bereits für uns, so verliefen wir uns etwas in der Aktivität. Alles noch im Bereich des Haltbaren, doch hierfür musste irgendwann der Schalter von Angriff auf Verwalten umgelegt werden, was an diesem Tage nicht funktionieren sollte. Und dann kam es zur dritten Stunde hin auch wie es so oft kommt. Sebastian setzte einen klassischen Konter bei heterogenen Rochaden an und schob den h-Bauern bis auf h3, wo er stets ein potentielles Matt offerierte. Als dann im Damenflügelzerstörungsversuch auch noch zwei Bauern (im D+T-Endspiel) abhanden kamen, setzte das Spitzenbrett des Bezirksligisten zum finalen Damenabtausch an, bei dem es dann auch keinen Schummelversuch mehr gab.

0:1 somit und an den übrigen Brettern schien sich eine Mammutaufgabe anzubahnen, auch wenn es mittlerweile bei Fabian wieder etwas besser aussah und Heinrich mittlerweile ausgeglichen hatte.

Dagegen stand allerdings Ediz' Brett in Flammen! Blöd nur, wenn man weder eine Löschdecke, noch Feuerlöscher, noch Wasser im Hause hat und man nur zuschauen kann, wie alles in vorweihnachtlicher Stimmung (*sing "o Tannebaum, o Tannebaum, es brennen all die Zweige!") niederbrennt! Aber Ediz wäre nicht Ediz, wenn er nicht noch irgendwas im Köcher hätte und sich & seine Stellung niemals aufgibt! Und so zockte er sich in bereits kritischer Lage:

per 19...Tc8 (Lg2xb7 war der letzte Zug) komplett in spielbare Gefilde, als per zB 19...Tb8 mit Minusbauern und katastrophaler Stellung nur auf den sicheren schleichenden Tod zu warten. Objektiv betrachtet und unter Anglern spricht man bei dem Textzug natürlich von einem klaren Minus im 3er Bereich (20.LxTc8 DxLc8 21.Le3 Db7 +/- +2.91 Schwarz hat hier einfach keine Ideen mehr und steht bankrott, während Weiß die Entwicklung abgeschlossen hat und der Freibauer zudem mindestens eine weitere Figur wert ist!) Dennoch kostete diese Betrachtung jede Menge Zeit und das noch stärker ausschauende 20.Sd5?! wurde der Qualität (die läuft ja eigentlich nicht weg) vorgezogen. Wir konterten nun mit 20...Tc2 und standen nach 21.Td2 Te8? (21...TxTd2 22.DxTd2 SxSd5 23.DxSd5 Te8 war deutlich näher am Ausgleich, da der Anziehende noch immer leichten Entwicklungsrückstand besitzt) 22.TxTc2 TxDe2 23.TxTe2 dennoch kritisch.

Schwenken wir also den Blick lieber ans andere Ende des Ringes, an dem sich Fabian heute mal als Fallensteller versuchte. Der erste vergiftete Bauer wurde noch verschmäht und auch das positionelle Eingeständnis wurde umschifft, doch als eine vermeintliche Verhinderung der Rochade und die damit verbundene Zentrumsflucht des Königs angeboten wurde, konnte nicht mehr widerstanden werden. 

Schwarz hatte es hier verpasst, den wichtigen Läufer auf e3 abzuholen und sah sich in der Folge möglichen Bauernwalzen an beiden Flügeln gegenüber. 18.De2 wurde nun gerade gespielt, in der Hoffnung, dass sich der Läufer über b3 im Bauernnetz verfangen mag. Nach einiger Bedenkzeit tappte er dann auch genau hier hinein. 18...Lb3? 19.a4 Sc7 20.c4 b5?? (einzige Rettung funktioniert noch über eine Springerumgruppierung per 20...Se6 21.Le3 Sd7 22.Ta3 & Sc5) 21.axb5 cxb5 22.Txa7 

Jetzt ist die Stellung bereits schwierig zu verteidigen, denn auf einmal erhalten die beiden Türme Gewicht. Dazu gesellte sich noch eine anbahnende Zeitknappheit, was im Fischermodus (90min/40Z + 30min/Rest + 30sec/Inc) um Zug 25 keine Seltenheit ist. Der Versuch, mittels 22...Ta8 einen nervigen Stein zu entfernen gelang zwar, doch das Endspiel nach 23.TxTa8 SxTa8 24.cxb5 Da7 25.Tf1 Da1+ 26.Kf2 Dxb2 27.Le3 war nicht mehr zu halten und mittels Damentausch wurde dann nur noch ein technischer Part eingeleitet. Im 39ten fiel dann der Ausgleich und es keimte wieder etwas Hoffnung auf! 1:1

Heinrich stand zu diesem Zeitpunkt bereits leicht besser, wenn auch der Partieverlauf nie groß aus dem Remisbereich gekommen war. 

Die obige Bauernstruktur setzte sich schon früh fest und auch wenn man einen Königseinbruch über die schwarzen Felder vermuten konnte, so war ein konkreter Gewinnplan danach nicht ersichtlich. Daher verwunderte es auch nicht, dass Heinrichs Hauptaugenmerk immer mehr auf das zweite Brett fiel. Und dort sollte sich schon bald ein kleines Drama abspielen. Angefühlt haben muss es sich ähnlich wie am Freitag bei Hoffenheim vs. Augsburg oder in Zahlen gesprochen 74 zu 26% (Ballbesitz)... Während die einen kaltschnäuzig mit 2:4 nach Hause reisten, zog es Ediz vor, in gegnerischer Zeitnot den Druck weiter aufrecht zu halten und musste nur noch einen Moment des Glückes ausharren: 

Wir konnten uns gerade des nervigen Bauern auf d6 entledigen, da hätte Markus durch 26.Lh6!! (hebt die Drohung Dd1+ und deren Folgen komplett auf und stellt zudem dauerhauft auf Matt) den endgültigen Todesstoss ansetzen können. Eine logische Folge hierauf wäre 26...Le6 27.Tc1 Dd8 28.Td2 (& die tödliche Turmverdopplung auf der d-Linie wäre nicht mehr zu verhindern) Sd3 29.Le4 +/- gewesen und plötzlich stehen alle weißen Figuren perfekt, während sich die unsrigen kaum mehr bewegen können!

Zum Glück kam es in hochgradiger Zeitnot nicht so und wir blieben durch den immer noch guten Textzug 26.Te8+ im Spiel. Es folgte 26...Kg7 27.fxLg4 Dd7 28.Te2?? und plötzlich ist Ediz am Zug! 

Schach schreibt echt die verrücktesten Geschichte und auf einmal war das erstmalige Erreichen (in der Neuzeit zumindest) der bayerischen Ebene zum Greifen nahe. Unser Held ergriff das Steuer und brachte uns über die Strecke

28...Dd1+ 29.Kf2 Sd3+ 30.Ke3 SxLc1 31.TxSc1 DxTc1 (auch wenn Blechkisten hier gar nur -1.** verkünden wollen, so war dies in der Praxis schlicht nicht mehr zu halten) sicher ans Ziel!

Kaum war das 2:1 verbucht, einigte man sich auch an Brett drei auf ein verdientes Unentschieden zum 2,5:1,5 Endstand.

Auch ein Kurztrip kann also holprig sein, und wir hätten uns auch nicht beschweren können, wenn es genau andersherum oder eben 2:2 ausgegangen wäre. Wir hatten jedoch alle Spaß und so ein kleiner Schachtag neben den normalen Ligen ist immer mal eine willkommene Abwechslung. Zumal man sich bei so netten Gastgebern einfach nur wohlfühlen kann und so bleibt zu sagen, dass wir uns gerne nächstes Jahr wieder im Pokal sehen. Dann ja vielleicht mal bei uns und eventuell im Finale! 2020 bestreiten wir dieses auf jeden Fall mit dem TSV Cadolzburg einem weiteren routinierten Bezirksligsten, der sich im Halbfinale gegen die Talente von Jäklechemie durchzusetzen wusste.

Auf bayerischer Ebene geht es dann für uns beide erst nach der Saison im Juni/Juli weiter auf die Reise in die Gefilde des Freistaates.

SC Uttenreuth             1920  1,5 - 2,5  SG 1882 Fürth           2071
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 Böhme Sebastian          2105   1  -  0   Homi Joseph             2065
 Böhme Markus             2070   0  -  1   Kocak Ediz              2031
 Meyer Jürgen             1741   ½  -  ½   Hepting Heinrich        2066
 Abmayr Bernhard          1762   0  -  1   Eber Fabian             2123

geschrieben von Fabian Eber

leicht modifiziert von Wilfried Schulz

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