SC Bechhofen - SG 1882 Fürth 1,5 : 6,5

Am letzten Aprilsonntag bekamen wir mit dem SC Bechhofen einen erfahrenen Gegner, für den es allerdings um nichts mehr ging.
Dies spiegelte sich auch in der Aufstellung wieder.  Der Gegnerschnitt belief sich auf 1802, womit wir deutlicher Favorit waren.
Um die Straßen in Fürth frei zu machen, fuhren wir mit 5 Autos zum weitesten Auswärtskampf.
Nach knapp 5 Stunden Spielzeit im Bechhofener Schützenhaus war unser Aufstieg in die Regionalliga Nordost perfekt.

Brett 5:
Fabian M. durfte gegen Lea Alsheimer ran. Die Stellung gab nicht viel her.  Ein erstes Remisangebot lehnte er noch ab, einigte sich aber wenig später doch noch auf eine Punkteteilung. 
0,5-0,5

Brett 6:
Joseph spielte den fliegenden Dutchman. Seine Bauernzüge fand Stockfish nicht so gut. Nach und nach bugsierte Joseph seine Figuren auf die richtigen Felder und es kam zu folgender Stellung nach 25.exf5



In dieser typischen Stellung hat Schwarz klaren Vorteil und es gibt (mindestens) 9 Züge, die Vorteil versprechen. Als besten Zug mit 1,70 Plus gibt Stockfish 25...Sc6 an. Damit wird die Drohung 26.Lxe5 Dxe5 27.Dd5 ausgeschaltet, welche remisverdächtig ist.
Nun droht 26...Df6 und, sollte Weiß mit 26.Dd5 Kh8 27.De6 antworten, folgt sehr stark 27...Lb2 28.Kb1 Df8 .
Joseph spielte aber 25...Df6 und nach 26.Lxe5 hätte er mit 26...Dxe5 Ausgleich gehabt. Er vermied aber den Damentausch mit 26.dxe5? und hätte nach 27.Dd5 Kh7 28.De4!! mit einem Minus von 1,30 hart kämpfen müssen. Sein Gegner spielte aber 28.De6 und bot Remis, was Joseph annahm. 
1-1

Brett 4:
Heinrich folgte in einer Caro-Kann-Variante bis zum 10. Zug einer Partie aus dem Jahr 1974, die bei den olympischen Spielen in Nizza gespielt wurde. Elstermäßig klaute Heinrich einen Bauern und legte danach den Rückwärtsgang ein. Stellung nach 20..Tf-g8



Nun könnte Weiß mit 21.Sc3 oder 21.Se5 bequem an der Verbesserung seiner Figuren arbeiten. Stattdessen zog er 21.f5??
Heinrich öffnete natürlich die e-Linie und bedrohte dabei 2 Leichtfiguren. Der Stützpunkt e5 steht nun auch nicht mehr zur Verfügung. Der isolierte Doppel-d-Bauer bleibt als Monument der verfehlten Strategie zurück. Wenig später in derselben Galaxis. Stellung nach 26.Ld2-e3



Nach 26...Txe3 !! könnte Weiß aufgeben, denn nach 27.Dxe3 Te8 28.Df2 Sg4 29.Te1 Lh2 30.Kf1 Txe1 31.Dxe1 Dxd4 ist die Stellung hoffnungslos. Heinrich spielte aber 26...Da6, was Stockfish mit +2,60 bewertet und nach 26.Sg4 oder 26.Db4 als 4.beste Möglichkeit anzusehen ist. Als sich Heinrich mit dem b-Bauern eine zweite Dame holt, wird es einseitig.
2-1

Brett 8:
Norbert kommt gut aus der Eröffnung. Er stellt dann zwar einen Bauern ein, steht aber trotzdem besser. Nach 23.Dd3-b5 kommt es zu folgender Stellung:



Nun könnte Norbert seinen Vorteil mit 23...f5 oder 23...h5 weiter ausbauen. Er riskiert aber 23...Tc2? und nun könnte Weiß nach 24.Dxb6 in Vorteil kommen, da 24...Txe2 (besser Kg7) nicht geht. Hier zeigt Stockfish ein Matt in 6 Zügen an, beginnend mit: 25.Sh6 Kg7 26.Db7 Lc7 27.Dxc7 Kh8 28.Dd8 Kg7 29.De7 Kh8 Df8 matt. Der Springer auf h6 ist tabu, wegen Th3 matt.
Weiß spielte aber 24.De8 Kg7, was nach 25.Sh6!! Kxh6 26.Dh8 Sf2!! Ausgleich bedeutet hätte, aber Weiß spielt 25.Th3??? worauf
die Engine von 0,00 auf Matt in 10 Zügen für Schwarz umschwenkt. Es beginnt natürlich mit 25...Txe2.
3-1

Brett 7:
Heinz spielt Englisch, einen als Opfer angebotenen Bauern nimmt er auf f4. Nun muss er sich entscheiden, welchen Läufer er hergibt. Stellung nach 16...Sf4



Nun sollte Heinz 17.Lxf4 spielen, mit einem Vorteil von 0,60. Nach 17.Tfe1 fällt der bessere Läufer auf g2 und Schwarz hat nach 17...Sxg2 18.Kxg2 Sf5 19.b5 g5 mit 0,70 die Führung. Aber auch Schwarz findet nicht die beste Fortsetzung und spielt 19...b6, worauf der Vorsprung zusammenschmilzt. Als das immergrüne Problem Zeit ins Spiel kommt, bietet Heinz Remis.
3,5-1,5

Brett 2:
Karls Gegner versuchte im Katalanisch eine Neuerung im 5. Zug. Karl machte kein großes Federlesen und tauschte seinen f8-Läufer, um den Gambitbauern zu behalten. Umständlich deckt er seinen Mehrbauern und stellt dabei 2 Figuren ins Abseits. Als der Bauer undeckbar verloren ist, nimmt ihn sein Gegner nicht und rettet dafür den Doppelbauer a3-a2. Nach der schwierigen Eröffnungsphase hätte Weiß nach 20...g6 (Diagramm)



mit 21.Se4 weitere Felderschwächen aufzeigen können. 21...Sxb4 22.Sf6 Kh8 23.axb4 Tf8 24.Dc1 und nun muss erstmal die Mattdrohung 25.Dh6 verhindert werden. Weiß spielt aber 21.Ld6?? Karl kann nach diesem Fauxpas die Zügel in die Hand nehmen. 21...Txd6 22.exd6 Dxa3 Nach einem weiteren Doppelfehler hat Karl 4 Bauern für die Qualität. Danach spielt Karl die Partie fehlerfrei nach Hause. 
4,5-1,5

Brett 3:
Ich durfte gegen die anfangs des 20. Jahrhundert beliebte Philidor-Eröffnung spielen, die schwer zu knacken ist. Zunächst verschaffte ich mir Raum am Damenflügel. Als sich mein Gegner eine Bauernphalanx zulegt (a6-b6-c6-d6) fixierte ich das Zentrum und begann mit einem Königsangriff. Nachdem ich meine Figuren positioniert hatte, gab es in folgender Stellung (nach 14...Le7-d8) ein Problem für mich zu lösen:



Zunächst musste ich die Frage klären, ob ich auf b5 tauschen soll, wenn nicht, findet mein Läufer kein schönes Feld, und außerdem muss ich mit 15...b4 rechnen und mein Springer hat nur den Rückzug nach b1. Wie würde Schwarz auf b5 zurücknehmen? So rechnete ich folgende Variante: 15.axb5 cxb5 16.Ld5 (besser wäre Lb3) Sxd5 17.Lxd8 und nun wäre Sxc3?? ein Verlustzug. Klar ist, dass hier Schwarz den Läufer auf d8 nehmen muss. (hier würde das natürliche 18.bxc3?? eine Figur kosten, aber ich sah den Zwischenzug 18.Dg4 !! der sofort gewinnt, da die Mattdrohung auf g7 gedeckt werden muss und dann die angegriffene Dame verloren geht.
Also entschloss ich mich zu 15.axb5, er nahm aber mit axb5 die Schärfe aus meiner Berechnung. 7 Halbzüge mit anschließender Bewertung der Stellung zu berechnen, sind nicht ständig möglich (oder doch?)
Im 20.Zug sollte mein Gegner seinen geraden ausgeführten Zug zurücknehmen, stattdessen stellte er den Zentrumsbauer auf e5 ein.
Nachdem ich 4x nicht den stärksten Zug fand, schwand der Vorteil von 3,16 auf 1,02.
Als die Zeitnot vorüber ist, lichten sich die Reihen und in folgender Stellung nach 41.Sf5-d4



gab Schwarz auf. Der Läufer kann nicht gedeckt werden, da auf 41...Se5 42.f4 Td8 43.Se6 kommt und es geht mindestens die Qualität verloren. Auf 41...Tc8 42.Sxc6 Txc6 43.Txd7 ist der ungedeckte Springer eingesackt.
Der Turm kann auch nicht mit 41...Ta8 oder 41...Tb7 abgelenkt werden, da nach 42.Sxc6 mein Turm gedeckt ist.
So bliebe nur noch 41...Lb7 worauf 42.Sxb5 gefolgt wäre und auch noch der c4-Bauer in Kürze verloren geht.
Man sieht hier alle Möglichkeiten die Schwarz (nicht) hatte.
5,5-1,5

Brett 1:
Ediz musste gegen die Legende Klaus Böse antreten. Klaus ist nicht nur Vorstand und Mannschaftsführer vom SC Bechhofen, er ist auch Referent für Leistungssport der bayrischen Schachjugend, er hat jahrzehntelang als Jugendtrainer und Macher seines Vereins die Fahnen in Bechhofen ganz weit oben gehalten. Im Paulsen-System, einer Variante der Sizilianischen Verteidigung, wird gerne laviert und so wurde beispielsweise die 5.Reihe für 25 Züge zur Sperrzone erklärt, bis sich dann der schwarze Turm mal auf c5 vorwagte. Im 30. Zug kam der erste gröbere Fehler von Schwarz, als er mit e6-e5 einen weiteren Bauern auf Braun stellte. In der Folge dachte Klaus, dass nichts anbrennt und zog kurz vor der Zeitkontrolle den König bereits zum zweiten Mal nach f8 (Diagramm)



Vermutlich unterschätzte er den nächsten Zug von Weiß. 41.a5! (Mit 40...Tb8 oder 40...a5 konnte der Hebel beispielsweise erstmal verhindert werden) Der Partiezug bringt Ediz langfristigen Vorteil. Nach 41...f6 42.axb6 Ta8 43.Ta1 Kf7 44.Dd2 war die Partie bereits deutlich gewonnen. Ediz spielte sich in einem Positions-Rausch und gewann bald. 
6,5-1,5

Fazit:
In unserer 1. Saison in der Bezirksliga gab es für uns als Aufsteiger vorab viele Fragezeichen. Aber am Ende steht der Aufstieg. Die Mannschaft hatte die richtige Mischung aus Jugend und Erfahrung. Sie zeigte kaum Schwächen und einige verdienen und bekommen nun ein Sonderlob.
Norbert ist mit 7,5 aus 9 der erfolgreichste Spieler der Liga. Bald ist er Mitglied im 2000er-Club.
Ediz wurde anfangs an Brett 1 belächelt, aber er hatte das Selbstvertrauen ganz vorne zu spielen. Wir gaben ihm die Möglichkeit  und er zahlte zurück. Man spürte dass er sich Spiel um Spiel verbessert. Mit 6 aus 9 kam er auf ein herausragendes Ergebnis.
Heinz verlor, wie auch Fabian Meulner, der allerdings nur viermal ans Brett rückte, keine Partie, was für ihn allerdings normal ist.

Bis dann liebe Leser. Wir sehen uns im nächsten Jahr in der Regionalliga!

Wolfgang Heimrath

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